Bekenntnisgrundschul-o-mat

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Alle Teilnehmer unserer Podiumsdiskussion haben zum Dank und als Anerkennung für ihre Teilnahme nicht nur eine Flasche Wein erhalten, sondern auch einen Fragebogen, unseren Bekenntnisgrundschul-o-mat. (zuletzt aktualisiert am 30.01.2013)

Bislang sind 3 Antworten eingetroffen (Gebauer (FDP), Dr. Karaus, 1 Antwort erfolgte anonym).

I) Bei der Aufnahme an Bekenntnisgrundschulen soll das Bekenntnis auch und gerade nach Aufhebung der verbindlichen Schuleinzugsbezirke uneingeschränkt Vorrang haben vor der Wohnortnähe.

1 ja       2 nein

Kommentar Gebauer (kein Kreuzchen, als „nein“ gewertet):
Grundsätzlich ist es sinnvoll, dass an einer Bekenntnisschule mit einem entsprechenden religiösen Profil insbesondere auch diejenigen Kinder aufgenommen werden, die einem solchen Bekenntnis angehören und deren Eltern einen solchen Schulbesuch wünschen. Darüber hinaus sollten jedoch auch spezifische Fälle angemessen Berücksichtigung finden, die nicht alleine auf das Bekenntnis zurückzuführen sind. Handelt es sich z.B. bei der einzigen wohnortnahen Grundschule um eine Bekenntnisschule, sollten selbstverständlich familiäre Hintergründe, wie z.B. Geschwisterkinder, in ein solches Aufnahmeverfahren eingebunden werden.

Kommentar des Juristen Karaus, der „ja“ angekreuzt hat:
Ob dies in NW ein zulässiges Auswahlkriterium ist, ist allerdings fraglich, nachdem das VG Düsseldorf in seinem Urteil vom 8.4.2008 die VV 1.23 für unwirksam erklärt hat.

II) Es gibt Bekenntnisschulen, die jahrelang ohne Leitung bleiben, weil qualifizierte und bewährte Lehrkräfte, die bereit sind, die Aufgabe zu übernehmen, nicht das Bekenntniskriterium erfüllen. Landespolitik und Kirchen sollten einen Weg finden, um für dieses Problem eine Lösung zu finden.

3  ja      0 nein

Kommentar Gebauer (kein Kreuzchen, als „ja“ gewertet):
Schulleitungen sind für die qualitative Weiterentwicklung einer Schule von zentraler Bedeutung. Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass die Kirchen in Bekenntnisschulen eine Schulleitung der entsprechenden Konfession wünschen. Dennoch müssen sich die Kirchen im eigenen Interesse die Frage stellen, ob eine Leitungslosigkeit im Interesse der Kinder, des Kollegiums und der Schule tatsächlich für einen langen Zeitraum hinnehmbar ist. Die Folge stellt oftmals die Umwandlung in Gemeinschaftsgrundschulen dar. Daher sollten Landespolitik und Kirchen einen Weg finden, diese Problematik zu beheben. Hierzu müssen sich auch die Kirchen für notwendige Veränderungen aufgeschlossen zeigen.

Kommentar Karaus:
Das ist in erster Linie ein Auftrag an die Kirchen selbst. Der Landesgesetzgeber ist gefordert, wenn z.B. die Besoldung für einen Schulleiter so niedrig ist, dass die mit der Stelle verbundene Mehrarbeit in keinem gesunden Verhältnis zum Ertrag steht.

III) Evangelische und muslimische Eltern verzichten durch Unterzeichnen der „Erklärung zum Schulbesuch in der konfessionellen Schule“ auf das Recht auf eigenen Religionsunterricht – unabhängig davon, wie hoch ihr Anteil an der Schule ist. Ebenso dürfen Eltern ihre Kinder an öffentlichen Bekenntnisgrundschulen nicht vom Religionsunterricht abmelden, selbst wenn sie ungetauft sind. Hier besteht Änderungsbedarf.

1  ja      2 nein

Kommentar Gebauer (kein Kreuzchen, als „nein“ gewertet):
Grundsätzlich ist es nachvollziehbar, dass an einer Schule, die explizit eine Bekenntnisschule darstellt, das entsprechende Bekenntnis auch eine herausgehobene Rolle wahrnimmt und die Kinder nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen werden. Dies sollte auch den Eltern bewusst sein, die ihr Kind an einer solchen Schule anmelden. Darüber hinaus heißt es in § 26, Absatz 7 SchulG: „An einer Bekenntnisschule mit mehr als zwölf Schülerinnen und Schülern einer konfessionellen Minderheit ist eine Lehrerin oder ein Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit einzustellen, die oder der Religionsunterricht erteilt und in anderen Fächern unterrichtet. Weitere Lehrerinnen und Lehrer des Bekenntnisses der Minderheit sind unter Berücksichtigung der Zahl der Schülerinnen und Schüler der Minderheit und der Gesamtschülerzahl der Schule einzustellen.“

Kommentar Karaus („nein“):
Das ist so nicht richtig. Auch in Bekenntnisschulen gibt es einen Minderheitenschutz in §26 VII SchulG.

Kommentar Initiative: Der Minderheitenschutz greift in aller Regel nicht, weil argumentiert wird, man hätte sich bei der Anmeldung bewusst für die Schulart entschieden.

IV) Es ist sinnvoll und angemessen, dass für eine Umwandlung der Schulart eine 2/3-Mehrheit der Eltern aller Schülerinnen und Schüler erforderlich ist. Eine Senkung dieser Hürde ist nicht nötig. Auch sollte es keinen Automatismus bei der Umwandlung geben, egal wie gering der Anteil der Konfessionskinder an einer Bekenntnisschule ist.

0 ja      2 nein        (1 Enthaltung)

Kommentar Gebauer (kein Kreuzchen, als „nein“ gewertet):
Einen Automatismus zu einer Umwandlung sollte es nicht geben. Die Eltern, konfessionslos oder aber mit einer konfessionellen Bindung, haben sich für die Anmeldung an einer entsprechenden Schulart entschieden. Die Möglichkeit der Umwandlung gilt hierbei in beide Richtungen. Generell sollte ein solcher Prozess auch nicht als eine Art „Schnellverfahren“ verstanden werden.

Kommentar Karaus („ja“):
Wie bei allen Bürgerbeteiligungen muss sich der Gesetzgeber fragen, ob die aufgestellte Hürde so hoch gesetzt ist, dass das Recht quasi leerläuft. Ich
hatte die Äußerungen aller politischen Vertreter des Landtags in der Veranstaltung so verstanden, dass man hier über das Quorum nachdenken will.

V) Anders als vor vierzig Jahren in Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sollte in NRW am Verfassungsrang öffentlicher Bekenntnisschulen nicht gerüttelt werden.

2 ja      1  nein

Kommentar Gebauer (kein Kreuzchen, als „ja“ gewertet):
Es besteht nach wie vor bei vielen Eltern das Bedürfnis, ihr Kind an einer Bekenntnisschule unterrichten und erziehen zu lassen. Nur weil einige Personen ein solches schulisches Angebot aus persönlicher Überzeugung ablehnen, müssen andere Eltern nicht generell darauf verzichten. Die Liberalen haben eine lange Tradition darin, dafür zu streiten, dass das Schulwesen nicht von Religionsgemeinschaften einseitig dominiert werden darf. Die Mehrheit der Grundschulen stellen heutzutage Gemeinschaftsgrundschulen dar. Zur Anerkennung unterschiedlicher Überzeugungen und Werte in einem demokratischen Staatswesen zählt es jedoch auch, Vielfalt zuzulassen; dies insbesondere auch dann, wenn Positionen oder Überzeugungen, die sich im Rahmen des Grundgesetzes bewegen, persönlich nicht geteilt werden.

Kommentar Karaus („ja“):
Das ist letztlich eine politische Entscheidung. Eine Verfassungsänderung bedarf einer 2/3 Mehrheit. Unabhängig davon haben die dargestellten anderen Bundesländer (Bayern, B-W, Rheinland-Pfalz, auch Saarland und Hessen) keine weltanschaulich neutrale Gemeinschaftsschule, sondern eine christliche Gemeinschaftsschule in ihrer Verfassung festgeschrieben.

Kommentar Initiative:
Der Kommentar von Herrn Karaus irritiert uns, insofern auch die Gemeinschaftsgrundschule in NRW laut NRWVerf. Art.12 Abs. 6 und SchG §26.2 christlich verankert ist: „In Gemeinschaftsschulen werden Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen.“

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