Ausführliche Anleitung zur Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen in Gemeinschaftsgrundschulen

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Schritt für Schritt und im Detail

Vorweg: Alle Details des Verfahrens nach Schulgesetz § 27 (Fn 10) sind in der Bestimmungsverfahrensverordnung (BestVerfVO) geregelt.

1. Begriffsklärung: Was ist eine Schulart?

Jede Grund- und Hauptschule in NRW gehört einer Schulart an (s. Schulgesetz § 26). Die meisten Grundschulen sind Gemeinschaftsgrundschulen (GGS), katholische Bekenntnisschulen (KGS) oder evangelische Bekenntnisgrundschulen (EGS). Es gibt auch zwei jüdische Grundschulen, eine mennonitische und eine russisch-orthodoxe Grundschule sowie eine Weltanschauungsschule.

Der Begriff der Schulart unterscheidet sich von dem Begriff der Schulform (Unterscheidung in Gesamtschule, Gymnasium, Haupt- und Realschule), dem Schulsystem, Schulträger und dem Schulwesen.

2. Wer darf die Schulart einer Grundschule ändern?

Dies ist durch §27 des Schulgesetzes geregelt. Die Elternschaft der Grundschule darf jedes Jahr ein Verfahren zur Schulartänderung (Umwandlung der Schulart) auslösen (Lehrkräfte, Schulleitung, Eltern von Kindergartenkindern, ortsansässige Bürger usw. haben keinerlei Mitbestimmungsrechte bei diesem Verfahren.)

Seit 2015 haben auch Schulträger (also die Kommunen) ein „Initiativrecht“ zur Einleitung eines Umwandlungsverfahrens: „Ausschlaggebend dafür müssen schulentwicklungsplanerische Erwägungen sein. Eine solche Initiative des Schulträgers kommt beispielsweise in Frage, wenn das Grundschulangebot in einer Gemeinde allein Bekenntnisgrundschulen umfasst und der Schulträger dafür sorgen möchte, dass auch Gemeinschaftsschulen auf kurzem Weg für die Kinder in seinem Gebiet erreichbar sind.“ (s. hier, S. 10 Ziffer 2) Die eigentliche Entscheidung erfolgt aber auch bei diesem Vorgehen durch eine Abstimmung der Eltern.

3. Wie wird die Schulartänderung an einer Grundschule durchgeführt?

Es wird ein zweistufiges Verfahren durchgeführt. In der ersten Phase, dem Einleitungsverfahren, müssen sich 10 % der abstimmungsberechtigen Eltern mit ihrer Unterschrift für die Einleitung eines Verfahrens zur Schulartänderung aussprechen. Fristende ist in jedem Jahr der 1. Februar. Eltern, deren Kinder zu diesem Zeitpunkt die Grundschule besuchen, müssen ihr Anliegen schriftlich an das zuständige Schulamt ihrer Grundschule schicken. Hier können Sie ein Beispielformular zur freien Verwendung herunterladen.

Folgende Kriterien schreibt der Gesetzgeber in der BestVerfVO §6 vor:
(1) Die Anträge nach § 1 sind schriftlich an die zuständige Behörde zu richten. Die Anträge müssen Vor- und Zunamen und Anschrift der Eltern, Vor- und Zunamen, Geburtstag und Bekenntnis des Kindes sowie die Erklärung enthalten, welche Schulart beantragt wird. Sie sind vom Antragsteller unter Angabe des Datums eigenhändig zu unterschreiben. Sammelanträge sind unzulässig.

Nachdem das Schulamt diesen ersten Schritt für erfolgreich abgeschlossen erklärt hat, d.h. das Anliegen der Eltern ist korrekt formuliert und die 10% sind erreicht, geht es in die zweite Phase, das Abstimmungsverfahren. Das Schulamt veröffentlicht mit einer zweiwöchigen Vorlaufzeit den Termin der Abstimmung über die Schulartänderung (z.B. im Amtsblatt, aber auch die Schule erhält eine Mitteilung). Die Abstimmung erfolgt an drei aufeinander folgenden Tagen in einem öffentlichen Gebäude (z.B. der Grundschule) oder per Briefwahl (wie z.B. in Hünsborn). Die Abstimmung ist geheim. Die abstimmberechtigen Personen müssen sich ausweisen und einen Stimmzettel ausfüllen. Für jedes Kind an der Schule haben die Eltern gemeinsam eine Stimme. Elternpaare müssen sich also einigen, ob sie für oder gegen die Umwandlung stimmen möchten. Eine Enthaltung ist nicht möglich. Die anschließende Auszählung erfolgt unter Aufsicht des Schulamts (in der Regel können Schuleltern bei der Auszählung anwesend sein).

4. Wann ist ein Verfahren zur Schulartänderung (Umwandlung) erfolgreich?

Nach BestVerfVO §10 zum Schulgesetz NRW ist die Änderung erfolgreich, wenn mehr als 50% aller stimmberechtigten Eltern für die Schulartänderung gestimmt haben, d.h. bei 200 Kindern an der Grundschule bedarf es beispielsweise 101 Eltern, die für eine Schulartänderung stimmen. Die obere Schulaufsichtsbehörde muss das Ergebnis und das durchgeführte Verfahren bestätigen, dann ist die Schulart der Grundschule geändert.

Was ist die Schwierigkeit an diesem Verfahren?

Die Schwierigkeit besteht darin, dass Sie mehr als die Hälfte aller abstimmungsberechtigten Eltern gewinnen müssen, damit das Umwandlungsvorhaben erfolgreich ist. Jede nicht abgegebene Stimme wird als Stimme für den Erhalt der vorhandenen Schulart gewertet. Es ist daher wünschenswert, dass möglichst alle Eltern zur Teilnahme an der Wahl mobilisiert werden. Hier finden Sie einen entsprechenden Wahlaufruf, der möglichst von Befürwortern und Gegnern der Umwandlung unterstützt werden sollte, da es für alle Seiten wünschenswert ist, ein eindeutiges Ergebnis zu bekommen.

Mit welchen Fragen und Problemen müssen Sie sich befassen, wenn Sie das Verfahren zur Schulartänderung (Umwandlung) an Ihrer Grundschule durchführen möchten?

  • Welche Argumente haben Sie an Ihrer Schule für die Umwandlung? Welches ist das stärkste Argument?
  • Welche Position hat die Schulleitung und das Kollegium zu Ihrem Vorhaben der Schulartänderung? (Kommentar: nach dem Gesetz haben die Schulleitung und die Lehrkräfte keine öffentliche Meinung zu dem von Ihnen eingeleiteten Verfahren, dennoch ist es hilfreich, wenn die Schulleitung inoffiziell Ihr Anliegen unterstützt bzw. Ihnen keine Steine in den Weg liegt)
  • Wie informieren Sie die Elternschaft über das von Ihnen eingeleitete Umwandlungsverfahren?
  • Wie motivieren Sie die Elternschaft für den ersten Schritt des Umwandlungsverfahrens, einen formal korrekten Brief ans Schulamt zu senden?
  • Betrifft die Schulartänderung Ihrer Grundschule nur die Elternschaft Ihrer Grundschule oder ist Ihr ganzer Wohnort mit einzubeziehen? Was erscheint Ihnen sinnvoll?
  • Wie begegnen Sie den üblichen Gerüchten und Falschinformationen (nach Umwandlung kein Sankt-Martins-Zug mehr, weniger Geld für die Schule etc., siehe hierzu auch unsere FAQ für Eltern)
  • Wie wollen Sie den über mehrere Monate andauernden Prozess der Umwandlung im Bewusstsein der Eltern wach halten und sicherstellen, dass das Vorhaben nicht in Vergessenheit gerät? Wollen Sie das, sind Sie dazu bereit?
  • Gibt es ein Kernteam (Eltern mit ähnlicher Motivation) an Ihrer Grundschule, mit dem Sie die Umwandlung durchführen können? Wie kommunizieren Sie miteinander?
  • Wie mobilisieren Sie bei der Abstimmung mindestens 50% aller Eltern Ihrer Grundschule, die für eine Änderung sind?
  • Ist eine Abstimmung vor Ort in der Schule oder per Briefwahl sinnvoller (die Entscheidung hierüber wird gemeinsam mit dem Schulamt getroffen)?

Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an Ihr zuständiges Schulamt. Dort wird man Sie beraten! Gerne können Sie sich auch an uns wenden unter kontakt@kurzebeinekurzewege.de.

Gesetzliche Grundlage

Den zugehörigen Gesetzestext und weitere Details finden Sie hier: