Bürgerantrag in Bonn: Schüler*innen unabhängig von der Konfession den Zugang gewährleisten

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Bonn, 5. Juni 2021

In der Bürgerausschusssitzung der Stadt Bonn stand am 2. Juni 2021 wieder einmal das Thema Bekenntnisgrundschulen auf der Tagesordnung. Der Antragsteller beklagte in seinem Antrag, dass „die Konfession der Kinder eines der Hauptkriterien in der Grundschulwahl darstellt – und dies sogar noch mit Unterstützung durch das Schulamt der Stadt Bonn.“ Weiter führt der Antragsteller aus:

„Von den 52 Grundschulen in Bonn sind 18 katholische Bekenntnisschulen. Dies bedeutet, dass für die Eltern katholischer Kinder eine weitgehende Wahlfreiheit besteht (3 „nächste Schulen“ + 17 verbleibende katholische Bekenntnisschulen). Hierdurch werden Grundschulplätze vergeben, die anderen Eltern nicht zur Verfügung steht. Konfessionslose Kinder haben einen „sicheren“ Zugang zu lediglich 3 Schulen, wovon die evangelische oftmals sogar sehr weit weg ist. Wer hier das Pech hat, dass diese Schulen nicht den Wünschen entsprechen, kann sich bei anderen Schulen nur bewerben und das im Fall der katholischen Schulen hinter den ca. 33% der katholische getauften Bevölkerung (in Bonn). Speziell auf beliebte Schulen stellt das eine faktisch unüberwindbare Benachteiligung dar.

Verstärkt wird diese Ungleichbehandlung noch durch Schulverbünde wie z.B. an der Marienschule. Durch die Konstellation wird sogar noch das Kriterium der Schulnähe ausser Kraft gesetzt. Ein konfessionsloses Kind, dass direkt neben der Nordschule wohnt, wird im Zweifelsfall das Nachsehen gegen ein katholisches Kind haben, dass irgendwo in der Stadt zuhause ist.

Derartige Umstände sind in einer weltoffenen Stadt im 21. Jahrhundert nicht angemessen, andere Bundesländer haben diese Privilegien schon vor Jahrzehnten abgeschafft. Auf der Startseite der Stadt Bonn befinden sich direkt Links auf die Themen „Integration“ und „Gleichstellung“, in der Praxis wird hier aber eine erhebliche Ungleichbehandlung unterstützt.“

Quelle: Bürgerantrag

Es kam, wie es kommen musste, der Ausschuss folgte der Empfehlung der Stadtverwaltung: „Der Bürgerantrag wird abgelehnt“, mit folgender Begründung:

Das Schulamt der Stadt Bonn besitzt weder die Befugnis, auf den gesetzlich über das Land NRW vorgegebenen vorrangigen Aufnahmeanspruch bekenntnisangehöriger Kinder an öffentlichen Bekenntnisschulen Einfluss zu nehmen, noch die Zuständigkeit, über die Aufnahme an einer Grundschule zu entscheiden.
Dem Antrag auf Aufhebung des Aufnahmekriteriums „Konfession“ wegen Ungleichbehandlung konfessionsloser Kinder kann daher auf kommunaler Ebene seitens der Stadt Bonn nicht abgeholfen werden. Entsprechende Änderungen der Rechtslage können allenfalls beim Verordnungsgeber, dem Land Nordrhein-Westfalen, erwirkt werden.

Quelle: Stellungnahme der Verwaltung

Der Bonner Stadtrat hat sich schon oft mit dem Thema beschäftigen müssen, oft war „Kurze Beine – kurze Wege“ als Antragsteller involviert. Mehrmals gab es in der Folge intensive Diskussionen und auch öffentliche Verlautbarungen der Stadt, mit denen sie die Ausgrenzung aufgrund von Religion kritisierte. Auswirkungen auf die Landespolitik hatten diese Aktivitäten allerdings nie.

Eine Chronologie:

2017: https://www.kurzebeinekurzewege.de/bonner-schulausschuss-setzt-sich-fuer-aenderung-der-landesverfassung-ein/
Eine ganze Reihe von Bürgeranträgen, in denen betroffene Familien auf die Umstände der Ablehnung ihrer Kinder an der wohnortnahen Bekenntnisgrundschule hingewiesen hatten und eine Änderung der Aufnahmebestimmungen forderten.  Unsere Initiative hat damals ebenfalls einen Antrag eingebracht, dass die Stadt an allen Bonner Bekenntnisgrundschulen ein Umwandlungsverfahren einleiten soll, um den Eltern die Chance zu geben, über die Bekenntnisbindung zu entscheiden. Diesem Antrag folgte der Schulausschuss allerdings zugunsten der weitergehenden Forderung nach der Abschaffung öffentlicher Bekenntnisschulen nicht.
=> Achtungserfolg, aber letztlich ein reiner Papiertiger

2016: https://www.kurzebeinekurzewege.de/buergerantrag-zur-umwandlung-nicht-homogener-bekenntnisgrundschulen-abgelehnt/
Ziel unseres Antrags war es, eine Mehrheit des Ausschusses davon zu überzeugen, dass die Stadt an Bekenntnisgrundschulen, in denen weniger als die Hälfte der Kinder dem Schulbekenntnis angehört, ein Verfahren zur Schulartumwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule einleiten soll.
=> abgelehnt.

2012: https://www.kurzebeinekurzewege.de/mehrheit-im-stadtrat-bonn-verwehrt-sich-elternanliegen/
Antrag einer Buschdorfer Elterninitiative an den Rat, sich für die erleichterte Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen einzusetzen.
=> abgelehnt

2009: Erster Bürgerantrag der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“: https://www.kurzebeinekurzewege.de/wp-content/uploads/2011/02/2009-04-29_Buergerantrag.pdf
=> Achtungserfolg

Der Stadtrat verabschiedete damals nach langen Diskussionen eine „Resolution an die Landesregierung„:
„1. Die Landesregierung wird aufgefordert mit einer Neuregelung sicher zu stellen, dass jedes Kind wohnortnah beschult werden kann.
2. Die Landesregierung wird aufgefordert zu prüfen, ob eine Regelung verfassungskonform wäre, nach der das Bekenntnisprivileg nur für die wohnortnächste Bekenntnisschule gilt.“

Es ist uns nicht bekannt, dass auf diese Resolution hin eine Reaktion der Landesregierung erfolgte.