Spotlight Pulheim: Schlechte Karten für ungetaufte Kinder

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In Pulheim gibt es 4 Grundschulen. Sie sind allesamt Bekenntnisschulen, 3 katholisch und eine evangelisch. Pulheim ist nicht groß, die Schulen sind nah beieinander.

Eine Gemeinschaftsgrundschule gibt es im Ortskern nicht. Dafür müsste man über die Landstraße in eines der eingemeindeten Nachbardörfer fahren. Für Pulheimer Eltern kommt das schwerlich in Frage – zumal die Schule in Sinnersdorf ohnehin nicht genug Plätze für alle dortigen Kinder hat. Sinnersdorfer Kinder müssten dann wiederum einen Schulplatz in Pulheim oder einem der Nachbardörfer finden.

Trotzdem wird in Pulheim das Bekenntnis als vorrangiges Aufnahmekriterium herangezogen. Mit der Folge, dass an den 4 Schulen zunächst alle Anmeldungen der Kinder des jeweiligen Bekenntnisses berücksichtigt werden, und zwar unabhängig von deren Wohnort innerhalb der Gemeinde, und erst dann Kinder mit anderem oder ohne Bekenntnis. Auch passend getaufte Kinder aus den eingemeindeten Dörfern haben also Vorrang vor ungetauften Pulheimer Kindern. Katholische Kinder haben demnach freie Wahl unter allen 3 katholischen Schulen, während alle anderen das Nachsehen haben und sich mit Plätzen an den weniger begehrten Schulen begnügen müssen. Es gibt jedes Jahr Familien, die ihre Kinder noch im Vorschulalter taufen lassen, damit sie einen Platz an der Wunschschule erhalten.

Selbst ungetaufte Geschwisterkinder werden nachrangig behandelt. Es gab daher sogar schon eine Familie, die 3 Kinder an 3 verschiedenen Grundschulen hatte. Die nach Aufnahme der katholischen Kinder verbliebenen Plätze wurden nämlich bislang zunächst strikt an die nächstwohnenden Familien vergeben, obwohl die Ausbildungsordnung Grundschule §1 Abs 3 den Schulleitungen ausdrücklich freistellt, mehrere Kriterien heranzuziehen. Ausdrücklich bestätigt wurde die Möglichkeit, der Aufnahme von Geschwisterkindern ein besonderes Gewicht einzuräumen, durch einen Beschluss des VG Düsseldorf vom 22.07.2021 (18 L 1090/21).

Eine Pulheimer Mutter von drei Kindern kämpft seit August 2022 für mehr Gerechtigkeit im Aufnahmeverfahren vor Ort. Sie setzt sich für eine bevorzugte Behandlung von Geschwisterkindern ein, damit sie die ihnen schon bekannte Grundschule besuchen können. Sie hat nun einen wertvollen Etappenerfolg erzielt: Das Schulamt lenkte ein, dass in Zukunft nach Berücksichtigung des Bekenntniskriteriums Geschwisterkinder vorrangig aufgenommen werden können. Für ihre eigene Tochter kommt dieser Erfolg zu spät. Sie wurde zu Schulbeginn an einer anderen Schule als ihr großer Bruder eingeschult.

An einem anderen Punkt beißt die Mutter bislang in Pulheim auf Granit: Sie macht sich dafür stark, dass katholische Schulen nur die wohnortnächsten katholischen Kinder vorrangig aufnehmen müssen. So steht es auch ausdrücklich im Schulgesetz NRW §46 Abs 3: „Jedes Kind hat einen Anspruch auf Aufnahme in die seiner Wohnung nächstgelegene Grundschule der gewünschten Schulart in seiner Gemeinde“ (Hervorhebung durch uns). Tatsächlich werden in einer anderen Stadt im Rhein-Erft-Kreis die Gesetze anders angewendet als in Pulheim: Bei einem Anmeldeüberhang an einer dortigen KGS haben nur die wohnortnächsten katholischen Kinder einen vorrangigen Anspruch auf einen Schulplatz. Danach erhalten an dieser Schule die bekenntnisfremden, wohnortnächsten Kinder einen Platz, vor anderen katholischen Kindern. Wünschenswert wäre, dass das Schulgesetz landesweit einheitlich in diesem Sinne interpretiert würde.