Salto Rückwarts in Bad Lippspringe: Keine Gemeinschaftsgrundschule

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Zuletzt aktualisiert: 20.7.2025

Im ostwestfälischen Bad Lippspringe gibt es zwei Grundschulen, beide im Ortskern, 10 Gehminuten voneinander entfernt. Eine Schule ist eine evangelische Bekenntnisschule, die andere eine katholische. Eine Gemeinschaftsgrundschule gibt es im Ort nicht – obwohl mehr als die Hälfte aller Kinder der Stadt weder evangelisch noch katholisch sind. Selbst an der evangelischen Grundschule gehören lediglich 20% der Kinder dem Bekenntnis an. Offenbar finden viele in der Stadt diese Situation nicht optimal. Der Schulausschuss empfahl nach kontroverser Diskussion am 28.5. mit knapper Mehrheit, die Eltern an beiden Schulen über die Schulart abstimmen zu lassen.

Die Begründung der Verwaltung für diesen Beschlussvorschlag lautete:
“Mit diesem Beschluss soll sichergestellt werden, dass beide Schulstandorte zukünftig attraktiv bleiben und alle Kinder unabhängig von ihrem religiösen Hintergrund gleichberechtigt unterrichtet werden. Zusätzlich von Vorteil wäre, dass die Schulleitungsstelle durch eine nicht-konfessionelle Lehrkraft besetzt werden kann und auch für Lehrkräfte entfiele die konfessionelle Bindung. Zum anderen entfällt für viele Schülerinnen und Schüler die Verpflichtung zur Teilnahme am Religionsunterricht.”

Die Kirchen wie auch die Schulleitungen vor Ort begrüßen eine Umwandlung, hieß es ursprünglich.

Am 10.Juli entschied der Stadtrat jedoch mit 19:12 Stimmen, die Eltern nicht über die konfessionelle Bindung der beiden Grundschulen abstimmen zu lassen. Vertreter der katholischen wie der evangelischen Kirche redeten den Ratsvertretern ins Gewissen, schließlich hätten die Kirchengemeinden immer gut mit den Schulen zusammengearbeitet. Dies hinterließ offenbar Eindruck bei Vertreter*innen von CDU. Besonders abenteuerlich ist die Stellungnahme, mit der ein Vertreter der Freien Wähler zitiert wird: “Wenn zehn Prozent der Eltern einen solchen Abstimmungsprozess anstoßen wollen, lehne ich das ab, aber auch inhaltlich.” Es ist das gesetzlich garantierte Recht der Eltern, eine Schule umzuwandeln, in einem solchen Fall hat der Rat kein Mitspracherecht. Vertreter von der Grünen wie auch der FDP blieben dabei, dass sie gerne den Eltern die Möglichkeit zu einer Abstimmung gegeben hätten. Das Westfalen-Blatt zitiert Petra Krieger-Brockmann (FDP) “Ich kann keinen Untergang des Abendlandes erkennen.“

Quellen:

* Westfalen-Blatt, 11.7.2025, Ratsmehrheit lehnt eine Elternbefragung in Bad Lippspringe ab
* Westfalen-Blatt, 30.5.2025, Bekenntnisschulen in Bad Lippspringe: Jetzt sind die Eltern gefragt
* nw.de, 30.5.2025, CDU sorgt sich um den Verlust christlicher Werte in Bad Lippspringer Grundschulen
* Westfalen-Blatt, 26.5.2025, Behalten die Bad Lippspringer Grundschulen ein christliches Bekenntnis?
* Stadt Lippspringe, 20.3.2025, Beschlussvorlage der Verwaltung

Screenshot: https://www.bad-lippspringe.de/

Ärger um Schulplätze in Duisburg-Baerl

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Bisher haben wir fast nur davon berichtet, dass römisch-katholische Grundschulen Kinder aufgrund ihres Bekenntnisses abgelehnt haben. In Duisburg hat derzeit eine Familie mit einem römisch-katholisch getauften Kind Angst, keinen Platz auf der einzigen Grundschule im Ortsteil zu bekommen – es handelt sich um eine evangelische Bekenntnisschule. Weil sie gleichzeitig die einzige evangelische Grundschule Duisburgs ist und einen guten Ruf hat, verzeichnet sie offenbar auch viele auswärtige Anmeldungen evangelischer Kinder, sodass ortsansässige Kinder fürchten müssen, das Nachsehen zu haben.

Nach Angaben der Stadt sind von von 200 Kindern an der Schule 142 aus Baerl und 58 aus anderen Duisburger Stadtteilen und von außerhalb Duisburgs. Die Stadt weist im Artikel der Neue Ruhr Zeitung auch darauf hin, dass die Schule umgewandelt werden kann:

Im konkreten Fall sei allerdings die Zustimmung der evangelischen Gemeinde in Baerl notwendig. „Entsprechende erste Gespräche zwischen dem Schulträger, der Schulaufsicht, der Politik sowie der evangelischen Kirche sind in Planung.“

Irritierend allerdings, dass die Stadtverwaltung davon ausgeht, dass für eine Umwandlung die Zustimmung der evangelischen Kirche erforderlich sei. Dies ist definitiv nicht der Fall. Entscheidend für ein erfolgreiches Umwandlungsverfahren ist einzig und allein, dass am Ende eine ausreichende Zahl der Eltern für die Umwandlung stimmt.

Quelle
nrz.de, 29.10.2021, Evangelische Waldschule in Barl: Sorge um die Schulplätze

Welche Verbesserungen bringt der Gesetzesvorschlag für Lehrkräfte?

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Vor vier Jahren berichteten wir über eine evangelische Lehrerin. Jahrelang leitete sie mit großem Engagement eine kommunale katholische Grundschule. Kommissarisch und ohne die entsprechende finanzielle Anerkennung. Die Arbeit machte ihr Spaß und sie wäre gerne auch offiziell Rektorin der Schule geworden. Ihre Bewerbung auf die freie Funktionsstelle aber wurde abgelehnt, weil ihr nach Paragraph 26 Absatz 6 des Schulgesetzes die richtige Konfession als “Aspekt der Eignung” für das Amt fehlte. Weiterlesen

Wenn 12% der Stimmen mehr wiegen als 59%

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“So ist Demokratie”, wird die Schulleiterin zitiert. In Oer-Erkenschwick ist die Umwandlung der evangelischen Albert-Schweitzer-Schule in eine Gemeinschaftsschule für alle ortsansässigen Kinder gescheitert.  26 Nein-Stimmen genügten, um das Ansinnen von immerhin 59% aller Eltern zu verhindern. 126 Stimmen wurden für eine Umwandlung abgegeben. Damit sprachen sich 77% aller Eltern, die sich an der Abstimmung beteiligten, für eine Umwandlung aus. Sogar Kirchenvertreter hatten übrigens eine Umwandlung der Schule befürwortet, nachdem der Beschluss über die Auflösung der katholischen Nachbargrundschule beschlossene Sache war.

Das also ist Demokratie in NRW.

 

Wenn Religion an öffentlichen Schulen wichtiger ist als Qualifikation

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Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung berichtet unter dem Titel “Wenn  der Rektor der Schule ein Katholik sein muss” am 14.2.2014 erneut über die Situation in Lünen, wo die katholische Kardinal-von-Galen-Grundschule in Lünen seit eineinhalb Jahren keinen Schulleiter hat, obwohl es einen geeigneten Kandidaten gibt, der die Schule sogar kommissarisch führt. Dummerweise ist er evangelisch, darf sich also auf die Stelle nicht bewerben. In dem Artikel wird berichtet, dass die Eltern das nicht verstehen.

Schulministerin Löhrmann weigert sich beharrlich, diesen Missstand als solchen anzuerkennen. In mehreren Anfragen wollten FDP-Abgeordnete im Januar von der Landesregierung wissen:

Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um bei der Besetzung der Leitungsfunktionen an Schulen auch die regionalen bzw. örtlichen Gegebenheiten, die mögliche Interessenten beeinflussen können, zu berücksichtigen? Weiterlesen

Rechtsprechung zu Bekenntnisschulen in NRW

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In den vergangenen Jahren mussten sich Gerichte in vielen Verfahren mit öffentlichen Bekenntnisschulen in NRW auseinandersetzen. Zuallererst zu nennen ist die Verfassungsbeschwerde gegen die Schulreform von 1968. In den vergangenen Jahren gab es zudem zahlreiche Verwaltungsgerichtsverfahren, etwa wenn Kommunen versuchten, ihre Schullandschaft an veränderte Bedingungen anzupassen, oder wenn Eltern gegen die Ablehnung an der Wunschschule klagten. Wir geben an dieser Stelle einen Überblick über uns bekannte Verfahren. Weiterlesen

“Evangelische Weltoffenheit und Toleranz” in Troisdorf?

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Doch Jesus sagte: Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht. (Mt 19, 14)

In der Bibel sind es die Jünger Jesu, die Kinder daran hindern wollen, zu ihm zu gelangen. Von Jesus werden sie dafür massiv getadelt: Den Kindern sei das Himmelreich sicher.

In Troisdorf tobt seit Monaten ein ähnlicher Streit. Die Evangelische Grundschule in der Matthias-Langen-Straße will muslimischen Kindern die Aufnahme verweigern, wenn ihre Eltern sich nicht damit einverstanden erklären, dass ihre i-Tüpfelchen den evangelischen Religionsunterricht besuchen. Die Schulkonferenz hat sich dafür entschieden, die Teilnahme am Religionsunterricht für alle verpflichtend zu machen.  Weiterlesen