Unsere Wahlprüfsteine zur Landtagswahl 2022

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Welche Position vertreten die Parteien in NRW zu staatlichen Bekenntnisschulen?

(UPDATE 13. Mai: SPD jetzt auch eindeutig für Veränderung)

Die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ hat CDU, FDP, SPD, Grüne und Linke nach ihrer Haltung zu staatlichen Bekenntnisschulen befragt. Die erhaltenen Antworten haben wir in voller Länge unten auf dieser Seite in der Reihenfolge des Eingangs veröffentlicht.
Es lohnt sich übrigens, Kandidaten im Wahlkampf zum Thema zu befragen. Oft ist ihnen nicht bewusst, dass es in NRW noch Bekenntnisschulen in öffentlicher Trägerschaft gibt. Oder sie sprechen sich, wie die Kandidaten von SPD, CDU und FDP bei der Landtagswahl 2017 abweichend von ihrer Parteilinie klar gegen einen Fortbestand staatlicher Bekenntnisschulen aus.

Unsere Kurzzusammenfassung der Antworten:

Die ausführliche Antwort der CDU lässt sich mit einem Zitat aus dem Schreiben zusammenfassen: „Die Bevorzugung der Kinder, die dem Bekenntnis angehören, ist gerechtfertigt, weil das Grundgesetz von der Zulässigkeit öffentlicher Bekenntnisschulen ausgeht.“ Die Partei macht in ihrer Antwort deutlich, dass sie nicht die geringste Veranlassung sieht, an der Situation etwas zu ändern.

Auch die FDP will an den geltenden gesetzlichen Regelungen festhalten: „Wir schätzen die Schulvielfalt in Nordrhein-Westfalen und wollen, dass Eltern auch weiterhin die Wahl zwischen den Schularten haben.“ Immerhin möchten die Liberalen, dass Wohnortnähe im Anmeldeverfahren stärker berücksichtigt wird, ohne allerdings konkrete Lösungsvorschläge anzubieten: „Wir halten es dennoch für geboten, unabhängig von der individuellen Trägerschaft das Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ stärker im Anmeldeverfahren zu berücksichtigen.“ Bei der Diskriminierung von Lehrkräften hält die Partei es zudem für „bedauerlich, wenn Bekenntnisschulen auf geeignete Bewerberinnen und Bewerber verzichten, nur weil sie nicht der gewünschten Konfession angehören.“

DIE LINKE.NRW zeigt sich in dem Thema sehr engagiert. Sie findet die geltenden Zustände „gar nicht sinnvoll“ und die gesetzlichen Regelungen „absurd“. Darin, dass die Eltern potentieller zukünftiger Schulkinder nicht über die Schulart abstimmen dürfen, wohl aber die von Viertklässlern, die von einer Änderung gar nicht mehr betroffen sind, erkennt die Partei einen „Skandal“. Die LINKE.NRW verweist darauf, dass die Fraktion während ihrer Zugehörigkeit zum Landtag 2010-12 nicht nur eine weitgehende Streichung der Privilegien staatlicher Bekenntnisschulen beantragt hat, „sondern auch, den ‚Glauben an Gott‘ als Ziele des schulischen Lernens aus der Landesverfassung (!) und dem Schulgesetz zu streichen. Leider standen wir damit auch allein.“ Damit stand die Partei isoliert da.

Die Position von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN lautet in einem Satz zusammengefasst: „Die GRÜNEN wollen neue rechtliche Regelungen schaffen.“ Sie sehen die geltenden Regelungen kritisch und wollen Änderungen herbeiführen, zum Beispiel in der Frage, wer über die Umwandlung einer Grundschule abstimmen darf. Die Partei führt an, dass sie als Mitglied der rot-grünen Koalitionsregierung von 2010 bis 2017 versuchte, die bevorzugte Aufnahme wohnortnaher Kinder zu ermöglichen, und bedauert, dass diese Praxis vor Gericht nicht standhielt. Auch hat sie im Rahmen der Schulgesetzänderung 2015 mit der SPD die Hürde für die Umwandlung durch Elternabstimmungen gesenkt.

Die SPD ist der Ansicht, dass es kein nennenswertes Problem gibt: „Uns ist nicht bekannt, dass Kinder eines anderen Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis strukturell aussortiert werden.“ Trotz dutzender Zeitungsartikel und Gerichtsverfahren zum Thema in den letzten 15 Jahren wiederholt die Partei: „Uns ist nicht bekannt, dass Kinder eines anderen Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis Nachteile bei der Aufnahme erfahren.“ Die SPD sieht ferner auch nicht das Land in der Pflicht, Änderungen herbeizuführen. Nach Ansicht der Sozialdemokraten sind die Kommunen für das Schulangebot vor Ort verantwortlich. Auch bezüglich der Benachteiligung von Lehrkräften sieht die SPD keinen Änderungsbedarf: „Da der Lehrkräftemangel an den Grundschulen in NRW sehr hoch ist, halten wir es nicht für möglich, dass Lehrkräfte eines anderen oder ohne Bekenntnis schlechtere Anstellungschancen haben.“ (Im Schulgesetz steht hierzu: „An Bekenntnisschulen müssen 1. die Schulleiterin oder der Schulleiter und 2. die übrigen Lehrerinnen und Lehrer dem betreffenden Bekenntnis angehören. […] Zur Sicherung des Unterrichts sind Ausnahmen […] zulässig.“)
ERGÄNZUNG 13.5.: Dem Säkularen Netzwerk NRW hat die SPD eine komplett andere Antwort gegeben. Hier spricht sie sich eindeutig gegen staatliche Bekenntnisschulen aus: „Es ist inakzeptabel, dass stattlich (sic!) finanzierte Schulen Kinder aufgrund ihrer religiösen Herkunft oder aufgrund einer Konfessionslosigkeit nicht aufnehmen.“ (https://hpd.de/artikel/haben-parteien-antworten-saekularisierung-20356/seite/0/1)


Die Antworten in voller Länge

Geantwortet haben CDU, FDP, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD


Landtagswahl NRW 2017: Wahlprüfsteine staatliche Bekenntnisschulen

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Zuletzt aktualisiert: 3.5.2017

Die folgenden Fragen hat die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ an die Vorsitzenden aller Parteien mit realistischen Chancen auf Einzug in den Landtag NRW verschickt (SPD, CDU, FDP, Grüne, Linke und AfD) verschickt. Die erhaltenen Antworten wurden auf dieser Seite in der Reihenfolge des Eingangs ummittelbar nach Erhalt veröffentlicht (nur die AFD hat nicht geantwortet).

Kurz-Zusammenfassung: Lediglich Die Grünen und die Linken sprechen sich klar für eine Umwandlung staatlicher Bekenntnisschulen in Gemeinschaftsgrundschulen aus. SPD und Grüne verweisen angesichts fehlender Mehrheiten für eine Verfassungsänderung darauf, dass sie das Schulgesetz in der zu Ende gehenden Legislaturperiode unter anderem zugunsten einer erleichterten Umwandlung geändert haben. 

Es lohnt sich übrigens, Kandidaten zum Thema zu befragen. Oft ist ihnen nicht bewusst, dass es in NRW noch Bekenntnisschulen in öffentlicher Trägerschaft gibt. Oder sie sprechen sich, wie in Bonn die Kandidaten von SPD, CDU und FDP, abweichend von ihrer Parteilinie klar gegen einen Fortbestand staatlicher Bekenntnisschulen aus.


Geantwortet haben: FDP, CDU, Die Linke, Grüne, SPD

  1. Hält Ihre Partei es für sinnvoll, dass Kinder an öffentlichen Grundschulen nach ihrer Religionszugehörigkeit getrennt werden?

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SPD-Parteitag: Forderung nach Gemeinschaftsschulen statt Bekenntnisgrundschulen

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Im Juni 2014 haben die NRW-Grünen auf ihrem Landesparteitag klar und einmütig Stellung bezogen: “Wir GRÜNE wollen, dass Kinder die nächstgelegene Grundschule besuchen können nach dem Prinzip ‘kurze Beine kurze Wege’“. Jetzt ist auch die SPD auf dem besten Weg, nachzuziehen. Gleich drei Anträge auf dem Landesparteitag der NRW-SPD am 27. September 2014 fordern die Umwandlung staatlicher Bekenntnisgrundschulen in Gemeinschaftsgrundschulen, die allen Kindern gleichermaßen offenstehen. 

Das ist – anders als offenbar noch 2010 – alles andere als eine revolutionäre Forderung. Weiterlesen

SPD und Grüne in Bonn fordern „zeitgemäße Regelung“ für Umwandlung von Bekenntnisschulen

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Am 29.6.2011 befasste sich der Bonner Schulausschuss mit der gescheiterten Umwandlung der KGS Buschdorf in eine Gemeinschaftsschule.

In ihrem „Fach-Newsletter Schule, Jugend & Familie“ Nr. 2/2011 nimmt die Bonner SPD-Ratsfraktion Stellung zum gescheiterten Umwandlungsversuch an der KGS in Bonn-Buschdorf:

Bereits zum zweiten Mal in Folge haben Eltern der KGS Buschdorf eine Umwandlung ihrer konfessionellen in eine Gemeinschaftsschule beantragt. Wie beim ersten Mal entschieden sich zwar zwei Drittel der abgegebenen Stimmen für diese Umwandlung, das notwendige Quorum wurde jedoch erneut nicht erreicht. Zwei Drittel aller Eltern an der Schule müssen einer Umwandlung zustimmen, nicht nur die abgegebenen Stimmen zählen. Anders als bei anderen demokratischen Abstimmungen zählt Nichtbeteiligung demzufolge als Neinstimme. Wenn dies zum Beispiel auf die Wahlen zu Bundes-, Landes- und Kommunalparlamenten übertragen würde, käme es angesichts der immer geringer werdenden Wahlbeteiligung vielleicht gar nicht mehr zur Bildung neuer Regierungen. Angesichts dieser Entwicklung wurde die Verwaltung gebeten, sich bei der Landesregierung dafür einzusetzen, im kommenden Schulgesetz eine zeitgemäße Regelung zu verankern.

s. Homepage der Bonner SPD-Ratsfraktion

Die Grünen schreiben in ihrem Newsletter:

Die Grünen merkten an, dass durch dieses Verfahren die Hürden für eine Umwandlung sehr hoch gehangen würden. Bedenklich sei, dass nicht die Mehrheit der Wählerstimmen zählt, sondern es einer zwei-drittel Mehrheit aller Eltern bedürfe. Deshalb wurde die Verwaltung aufgefordert, in Richtung Land aktiv zu werden, die Problematik darzustellen und auf eine Änderung dieser Bestimmung hinzuwirken.

Eher unwahrscheinlich ist allerdings, dass die Bonner Schulverwaltung die Landesregierung dazu bewegen kann, das Schulgesetz in diesem Sinne zu ändern, zumal hierzu kein förmlicher Beschluss des Rates zustande kam. Auch erwähnenswert in diesem Zusammenhang: Bis heute ist uns keine Antwort auf die Resolution des Stadtrats Bonn vom September 2009 bekannt.


Weitere Infos zu den Umwandlungsversuchen in Buschdorf:
Grundschule Buschdorf: Elternwille scheitert an gesetzlicher Regelung

SPD-Stadtrat: Konfessionsschule hat sich überlebt

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SPD-Stadtrat in Warendorf: Konfessionsschulen sind von gestern und verursachen unnötig hohe Kosten. Aber was hat die Politik damit zu tun: Sollen sich doch die Eltern mit der Kirche streiten…

„Für Dr. Erich Tertilt (SPD) ist die Diskussion über Zahl und Größe zukünftiger Grundschul-Standorte auch Anlass darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, die vier Bekenntnis-Grundschule (drei katholische, eine evangelische) in der Stadt in Gemeinschaftsschulen umzuwandeln. Tertilt: „Ich glaube, die Konfessionsschule hat sich überlebt.“ Weiterlesen

SPD in Essen fordert Stärkung der Gemeinschaftsgrundschulen

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Essen. Die SPD fordert mehr mindestens zweizügige Grundschulen in Essen. Starke Gemeinschaftsgrundschulen sollen Vorrang vor konfessionellen Schulen bekommen. Die Bündelung der Ressourcen soll die Qualität der Schulen verbessern und ihren Bestand sichern.

Der Westen, 30.1.2011, SPD in Essen fordert Stärkung der Gemeinschaftsgrundschulen