Gerade erst hat das höchste deutsche Gericht eine Verfassungsbeschwerde gegen verpflichtenden Religionsunterricht an Bekenntnisschulen in staatlicher Trägerschaft abgewiesen. Damit gibt das Verfassungsgericht grünes Licht, dass weiterhin Grundschulkinder aufgrund ihres Bekenntnisses längere Schulwege in Kauf nehmen müssen. Genauso betroffen sind Lehrkräfte. Diese Schulen stehen in ihrer Ausformung in NRW zunächst nur Lehrkräften des jeweiligen Bekenntnisses offen. So steht es im Schulgesetz (§26, 6): Weiterlesen
Archiv der Kategorie: Lehrkräfte an Bekenntnisschulen
Umwandlung der KGS Broichweiden gescheitert
An der Katholischen Grundschule Schulstraße in Broichweiden (ein Stadtteil von Würselen) scheiterten Eltern mit dem Versuch, die Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule umzuwandeln. Mehr als die Hälfte der Stimmen aller Eltern wäre nötig gewesen, tatsächlich sprachen sich nur 40% für die Umwandlung aus (immerhin 72% aller abgegebenen Stimmung waren also pro Gemeinschaftsschule). Das Anliegen der Befürworter einer Gemeinschaftsschule war nicht eine Abkehr von christlichen Werten und Gebräuchen. Vielmehr wollten sie sicherstellen, dass auch nach der Pensionierung der derzeitigen Schulleiterin in 2018 die Stelle der Schulleitung möglichst nahtlos besetzt werden kann. Weiterlesen
Zeit für Umwandlung
In Hünsborn haben die Eltern nun die Wahl: Soll ihre Schule katholische Bekenntnisschule bleiben, oder wird die Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule umgewandelt und steht künftig Kindern und Lehrkräften unabhängig vom Bekenntnis offen?
Bemerkenswert daran: Nicht die Eltern haben das Verfahren eingeleitet, sondern der Rat der Stadt auf Antrag der örtlichen CDU. Hintergrund ist, dass die Schule endlich wieder eine Leitung bekommen soll. Seit 3 Jahren muss die Schule ohne Rektor oder Rektorin auskommen, weil es keine Bewerbungen katholischer Lehrer/innen gab. Die Bewerbung eines evangelischen Pädagogen musste aus formalen Gründen abgelehnt werden, weil das Schulgesetz vorschreibt, dass der Schulleiter zwingend dem Schulbekenntnis angehören muss.
Wir wünschen der Schulgemeinschaft viel Erfolg bei der Umwandlung: Die Umwandlungshürde ist auch nach der Neuregelung 2015 hoch: Mehr als die Hälfte der Stimmen aller Eltern müssen für eine Umwandlung abgegeben werden, sonst bleibt die Schule eine Bekenntnisschule. Wer zuhause bleibt, stimmt damit praktisch für den Erhalt der Bekenntnisbindung.
Weitere Informationen:
- Westfalenpost, 17.1.2017, Eltern wählen ihre Schule
- Westfalenpost, ohne Datum, Abstimmung fern bleiben
„Wie soll ich denn so etwas rechtfertigen? Das ist ein Unding!“
(ursprünglich veröffentlicht 11.6., aktualisiert am 17.6.2016)
Kaum glauben will es die Leiterin einer katholischen Grundschule in Coesfeld, dass sie eine hervorragend qualifizierte evangelische Kollegin an ihrer Schule nicht einstellen darf, solange es Bewerbungen katholischer Lehrkräfte gibt.
Erfreulich, dass die Schulleiterin es nicht bei stillem Unglauben angesichts der klaren Gesetzeslage belässt, sondern sich auf ihren Glauben beruft, wenn sie sich für eine Umwandlung der Schule einsetzt: „Bei der Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule geht es vor allem darum, den christlichen Wert der Gleichbehandlung aller Schüler und Lehrer auch gesetzlich umsetzen zu dürfen“.
Auch der (katholische) Elternpflegschaftsvorsitzende setzt sich für eine Umwandlung ein. Er betont, dass sich dadurch an der Schule nichts ändern soll: Kinder bekämen weiterhin Religionsunterricht, die Erziehung habe nach christlichen Werten weiterhin Bestand, und auch der Name Kardinal-von-Galen-Schule bleibe erhalten.
Quelle:
Allgemeine Zeitung (azonline.de), 31.5.2016, Grundschule stellt die Glaubensfrage
Update 17.6.2016:
Nun melden sich in der Allgemeinen Zeitung auch Gegner einer Umwandlung zu Wort (Allgemeine Zeitung (azonline.de), 14.6.2016, Kritik an Schulumwandlung):
Eine Gruppe aus Eltern und Vertretern der Kirche in Lette beklagt sich, der Schulfriede werde duch das Umwandlungsbegehren gestört. Sie fordern eine offenere Diskussion, trauen sich aber nicht, ihren Namen zu nennen. Das ist schade, selbstverständlich sollte es eine offene Diskussion geben, in der sich niemand verstecken muss. Obwohl – dieser Seitenhieb sei gestattet – die Argumente dann schon mehr Gehalt haben sollten, insbesondere angesichts dessen, dass in Coesfeld sechs der sieben Grundschulen Bekenntnisschulen sind.
Als ein Argument dafür, dass keine „Keine Notwendigkeit“ zur Umwandlung bestehe, wird von der anonymen Gruppe angeführt:
Ein Miteinander ist an der Schule längst Alltag. Es gab schon immer auch andersgläubige Schüler. Kinder verschiedener Länder und Glaubens lernen gemeinsam.
Das ist schön und wünschenswert. Es widerspricht aber, das hat ders OVG-Beschluss klargestellt, der Landesverfassung. Katholische Schulen sind grundsätzlich Schulen für katholische Schüler und Lehrer. In Art. 12 Absatz 6 der Landesverfassung heißt es unmissverständlich:
In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen.
Das OVG führt hierzu weiter aus:
1. Prägende Merkmale des landesverfassungsrechtlichen Begriffs der Bekenntnisschule in Art. 12 Abs. 3 Satz 2 LV NRW sind hiernach sowohl der bekenntnisgebundene Charakter der Schulerziehung (materielle Homogenität) als auch die weitgehend einheitliche formelle Zugehörigkeit der Lehrer- und Schülerschaft zur jeweiligen Religionsgemeinschaft (formelle Homogenität). Zur formellen Homogenität gehört, dass formell der Religionsgemeinschaft angehörende Kinder ihre Schulaufnahme vorrangig vor bekenntnisfremden Kindern beanspruchen können. Jenen gewährt Art. 12 Abs. 3 Satz 2 LV NRW einen im Grundsatz vorbehaltlosen Zugang zu Schulen ihres Bekenntnisses, während Art. 13 LV NRW bekenntnisfremden Kindern einen Anspruch auf Zugang zu einer Bekenntnisschule nur ausnahmsweise dann einräumt, wenn sie in zumutbarer Entfernung weder eine Schule des eigenen Bekenntnisses noch eine Gemeinschaftsschule erreichen können.
…
Diesen Vorrang bekenntnisangehöriger Kinder hat das beschließende Gericht bei der Wortlautauslegung des Art. 12 Abs. 3 Satz 2 LV NRW aus der Formulierung „Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft“ abgeleitet. Es fällt nämlich auf, dass die ansonsten entsprechend formulierten Begriffsdefinitionen für die Gemeinschaftsschulen in Satz 1 und für die Weltanschauungsschulen in Satz 3 diese Schularten ganz allgemein für „Kinder“ öffnen, ohne diese durch Genitivattribute näher einzugrenzen. Die Eingrenzungen in Satz 2 rechtfertigen den Schluss, dass es dem Verfassungsgeber gerade auf die Bekenntnisangehörigkeit der Kinder in Bekenntnisschulen ankam. Anderenfalls hätte eine den Sätzen 1 und 3 entsprechende offene Formulierung auch des Satzes 2 nahegelegen, etwa „In Bekenntnisschulen werden Kinder nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen.“
Tatsächlich ist das oben angeführte Argument, dass an der Schule bereits jetzt Kinder verschiedenen Glaubens gemeinsam lernen, also ein Argument für eine Umwandlung der Schule, die auch formal allen Kindern offen steht.
Die leidige Sache mit unbesetzten Rektorenstellen
Schon seit langem ein Problem in NRW: Es wird immer schwerer, Rektoren- und Konrektorenstellen an den Grundschulen des Landes zu besetzen. Schnappschuss April 2016 in Düsseldorf: 14 von 86 Grundschulen hatten damals gerade keine Leitung, und etwa 20 Konrektorenstellen waren unbesetzt. Besonders ärgerlich ist es aber, wenn an staatlichen Schulen die Religion oder Konfession einer Lehrkraft verhindert, dass die Leitungsposition besetzt wird.
Die Expertin [Ursula Platen, Schulaufsicht] kennt viele Gründe, warum manche Vakanz Jahre dauert. Kopfzerbrechen bereitet ihr etwa die Rektorenstelle an der katholischen Grundschule (KGS) Mettmanner Straße in Flingern-Süd. Hier habe es eine sehr engagierte kommissarische Schulleiterin gegeben, die den Führungsjob gerne übernommen hätte. „Sie war aber evangelisch und an einer KGS muss zumindest der Leiter oder die Leiterin katholisch sein.“
Quelle:
- Rheinische Post, 4. April 2016, Nur wenige Lehrer sind interessiert. 14 Grundschulen in Düsseldorf ohne Rektor
Schulgesetz von NRW verstößt gegen AGG
„Eine Benachteiligung aus Gründen der Religion oder Weltanschauung liegt vor.“
So hatte es Rechtsanwalt Frank Jansen als Sachverständiger im Februar 2015 im Landtag NRW festgestellt und damit die Position unserer Initiative bestätigt. Weiter argumentierte er, eine unterschiedliche Behandlung von Schülern aufgrund ihres Glaubens sei nach dem Antidiskriminierungsgesetz vertretbar, nicht aber die Benachteiligung von Lehrkräften.
Nun wurde genau diese Frage eingehend in einem Fachartikel untersucht. Der Jurist Sebastian Hartmann kommt darin zu dem eindeutigen Schluss:
„Durch die geforderte Bekenntniszugehörigkeit von Lehrkräften und Schulleitung verstößt § 26 Abs. 6 SchulG NRW sowohl in seiner bisherigen als auch in seiner neuen Fassung gegen höherrangiges Bundesrecht in Form von § 1 AGG. Der Staat als solcher kann, obwohl er Bekenntnisschulen betreiben darf, sich nicht auf die Ausnahmeregelungen des AGG berufen, die in der derzeitigen Ausgestaltung zweifelsfrei nur für Religionsgemeinschaften gelten. Um diesen Missstand aufzulösen, müsste das Schulgesetz dahingehend geändert werden, dass es AGG-konform keine Einstellungsvoraussetzungen an das Bekenntnis knüpft.“
Vielen Lehrerinnen und Lehrern nützt diese Feststellung nichts mehr: Bis vor kurzem wurde ihnen von Lehrerverbänden abgeraten, den Klageweg zu gehen.
Wir sind gespannt, wie die politischen Entscheidungsträger mit der juristischen Einschätzung Hartmanns umgehen. Als Rechtsanwalt Jansen in der Sachverständigenanhörung auf das Problem hinwies, führte dies nicht zu einer entsprechenden Änderung der Gesetzesvorlage.
Tatsächlich gehen unsere Forderungen ohnehin weiter, da wir überzeugt sind, dass auch die unterschiedliche Behandlung von Schülerinnen und Schülern an öffentlichen Schulen unverzüglich beendet werden muss. In der gleichen juristischen Fachzeitschrift forderte ganz in diesem Sinne der Jurist und Erste Beigeordnete der Stadt Warendorf, Dr. Martin Thormann bereits 2011:
„Die öffentliche Bekenntnisschule ist heute ein Anachronismus, liegt ihr doch die Idee zugrunde, dass für die schulische Bildung der Kinder die jeweilige Konfession prägend sein soll.“
Anmerkung:
AGG = Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, umgangssprachlich Antidiskriminierungsgesetz, s. wikipedia-Artikel
Quellen:
Wer darf an öffentlichen Bekenntnisschulen in NRW lernen und lehren?
Alle Jahre wieder stehen die Schulleiterinnen und Schulleiter von knapp 1.000 öffentlichen Bekenntnisschulen vor der Frage, welche Kinder sie an ihrer Schule aufnehmen dürfen oder müssen. Sie sind diejenigen, die letztlich über diese Frage entscheiden. Man sollte meinen, dass es Gesetze und Verordnungen gibt, die solche Fragen klar beantworten. Doch offenbar verlieren sich die Schulleiter öfter einmal im Dschungel der Gesetze und Verordnungen. Kein Wunder, gibt es doch fast jedes Jahr Änderungen am Schulgesetz und an den einschlägigen Verordnungen.
Gebetszwang an deutschen Schulen?
Ehrfurcht vor Gott ist vornehmstes Ziel der Erziehung. So heißt es in §2 des Schulgesetzes von Nordrhein-Westfalen. In § 26 wird ferner konkret für die Grundschulen festgelegt:
(2) In Gemeinschaftsschulen werden die Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen.
(3) In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen.
In beiden Schularten ist das Beten im Unterricht auch außerhalb des Religionsunterrichts grundsätzlich zulässig. Das gilt unabhängig davon, wie viele Kinder in der Klasse oder Schule christlich getauft sind oder – im Fall der Bekenntnisschule – dem Schulbekenntnis angehören. Voraussetzung ist, dass die Teilnahme am Gebet freiwillig ist: Niemand darf zum Beten gezwungen werden. Auch Lehrer nicht, auch nicht an Bekenntnisschulen. Weiterlesen
Das neue Schulgesetz in der Praxis: Lehrereinstellung und Umwandlung durch Kommunen
9. Juni 2015
Einleitung von Schulartänderungsverfahren durch die Kommune
In Soest will die dortige Grünen-Stadtratsfraktion von der neuen Möglichkeit des Schulgesetzes Gebrauch machen, dass die Kommune ein Umwandlungsverfahren einleiten kann. Weil die katholische Patroklischule die einzige Grundschule im Soester Stadtkern ist, soll sie allen Kindern unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit geöffnet werden. Wenn der Stadtrat sich dem Vorschlag der Grünen anschließt, dürfen die Eltern der Patroklischule im nächsten Schritt über die Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule abstimmen. Über 50% aller Eltern müssten sich für eine Schulartänderung aussprechen, allerdings sind 64% der Kinder katholisch. Es gibt noch eine weitere öffentliche Bekenntnisschule in Soest, die katholische Brunoschule.
- weitere Informationen: Grüne wollen Patroklischule ohne Konfessionsbindung (soester-anzeiger.de, 9.6.2015)
Einstellung von Lehrern mit anderer Konfession
Es wurde als großer Erfolg des Schulrechtsänderungsgesetzes verkauft, dass nunmehr an staatlichen Bekenntnisschulen nur noch die Position des Rektors bzw. der Rektorin zwingend dem Bekenntnis angehören muss, alle anderen Stellen einschließlich der stellvertretenden Schulleitungsstellen stünden nun auch konfessionsfremden Lehrkräften offen. Die Bezirksregierung Köln vertrat allerdings weiterhin die Ansicht, dass auch stellv. Schulleitungsstellen weiterhin an das Bekenntnis gebunden seien. Ausgeschrieben werden solche Stellen in NRW über das Portal STELLA. Bislang werden alle Konrektorenstellen an katholischen oder evangelischen Grundschulen mit dem Hinweis auf § 26 Abs. 6 SchulG (s. Rechtsgrundlagen) ausgeschrieben, teilweise steht dort auch explizit „Schulleitungen von Bekenntnisschulen müssen dem betreffenden Bekenntnis angehören“ (was eine falsche Wiedergabe der neuen Gesetzeslage darstellt). Für Lehrkräfte bleibt die Situation damit unklar. Uns wurde gesagt, dass bei wiederholten Ausschreibungen in Zukunft der Hinweis auf die Bekenntnisbindung wegfallen soll, noch ist davon im Stellenportal nichts zu erkennen.
Grundschulverbund Möhnesee bleibt „Bekenntnisschule“
Die Gemeinde Möhnesee hat drei Grundschulen. Zwei davon sind katholisch, eine ist eine Gemeinschaftsgrundschule ohne Konfessionsbindung. Seit August 2014 leitet die (evangelische) Konrektorin des Hauptstandortes Körbecke, Daniela Grünhagen, den gesamten Verbund kommissarisch. Reguläre Schulleiterin darf sie allerdings nicht werden, weil sie dafür katholisch sein müsste.
Im Februar 2015 stimmten die Eltern darüber ab, ob der Schulverbund in eine Gemeinschaftsgrundschule umgewandelt werden sollte. Allerdings kam dafür nicht die notwendige Mehrheit zustande. Zwar stimmten 164 und damit 88% aller Eltern, die an der Abstimmung teilnahmen, für die Umwandlung. Nötig gewesen wären aber 270 Stimmen von insgesamt 404 stimmberechtigten Eltern.
Durch das neue, mittlerweile in Kraft getretene Schulgesetz wird die Umwandlung zwar erheblich vereinfacht. Nunmehr genügen 50% statt bislang 67%. In Möhnesee hätte das allerdings auch nicht genügt.
Weitere Informationen:
- soester-anzeiger.de, 8.4.2015, Grundschulverbund bleibt „Bekenntnisschule“
- soester-anzeiger.de, 12.12.2014, Grundschulverbund: Rektor verzweifelt gesucht