Elterntaxi statt kurzer Schulwege

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In letzter Zeit gab es viele Artikel und Veröffentlichungen darüber, dass Kinder nach Möglichkeit zur Grundschule laufen sollten. Während es früher selbstverständlich war, dass Kinder gemeinsam zur nächstgelegenen Grundschule gingen, ist das heute offenbar schon fast die Ausnahme. Über die Hälfte der Kinder wird mit dem Auto zur Schule gebracht:

„In den Siebzigerjahren machten sich noch rund 90 Prozent der deutschen Grundschüler allein auf den Schulweg. 2016 waren es nach einer Forsa-Umfrage nur noch 37 Prozent, also jedes dritte Grundschulkind.“
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/elterntaxis-es-gibt-keinen-grund-nicht-zur-schule-zu-laufen-a-1199154.html

Forschungsergebnisse besagen, dass den Kindern die Bewegung fehlt: Sie sind müder und passiver, und auch ihr Sozialverhalten leidet. Der Umweltverband BUND stellt einen Trend fest, „Kinder zu einer Schule mit besonderem pädagogischen Profil wie Waldorf oder Montessori-Schulen zu schicken – auch wenn diese weit weg liegen“  (ebenfalls aus dem oben schon verlinkten Spiegel-Artikel). In Nordrhein-Westfalen ist es die Schulartenvielfalt, die neben Gemeinschaftsgrundschulen auch staatliche und freie evangelische und katholische Bekenntnisschulen vorsieht – die oftmals besonders begehrt sind, auch wenn sie von den Kindern nicht fußläufig erreicht werden können. In NRW müssen die Kommunen sogar für dadurch entstehende zusätzliche Buskosten aufkommen. Es ist paradox: Während die religiöse Bindung in der Gesellschaft abnimmt, steigt die Beliebtheit von Bekenntnisschulen. Und kurze Schulwege zur Grundschule und die damit meist verbundene selbstverständliche Integration spielen für viele bildungsbeflissene Eltern offenbar eine weniger wichtige Rolle als der Wunsch, das Kind schon bei der Einschulung auf der vermeintlichen Überholspur einzusortieren.

50 Jahre nach Rheinland-Pfalz: Umwandlung jetzt!

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Bonn, 20.12.2017

CC-BY-SA-4.0 International Günter Haase

Uns ist kein Umwandlungsverfahren bekannt, dass deshalb durchgeführt wurde, weil atheistische Eltern Religion aus der Schule drängen wollten. Tatsächlich sind sich von ungläubig bis fromm die allermeisten Eltern einig, dass Kinder über Religionsgrenzen hinweg gemeinsam zur Schule gehen sollten. Heute erreichten uns zwei Zuschriften, die dies illustrieren und die wir daher in Auszügen zitieren möchten:

Eine betroffene Mutter schreibt:
„Wir sind direkt betroffen und können es nicht fassen! Unsere Kinder können nicht an die uns zugeteilte Schule gehen, da sie eine katholische Bekenntnisschule ist und wir sind keine Katholiken. Wir nehmen die Glaubenserziehung unserer Kinder selber in die Hand. Das ist Aufgabe der Eltern! Das steht übrigens in der Bibel… Unsere Kinder werden nach ihrer Einschulung nun morgens ca. 40 min mit dem Bus zur nächsten Schule fahren. Mittags muss ich sie holen, da es keine Busanbindung gibt! Das ist diskriminierend! Unsere Kinder werden mit keinem einzigen ihrer Kindergartenfreunde eingeschult werden.“

Und ein Schulleiter:
„Unsere Grundschule ist die einzig verbliebene Innenstadtgrundschule. Die nächste Gemeinschaftsgrundschule liegt 1,5 km von uns entfernt. … Würden wir unseren Bekenntnisstatus abgeben, wären wir [für viele Schüler, die derzeit auf Kosten der Stadt mit Schulbussen in weiter entfernt gelegene Schulen gefahren werden,] die nächstgelegene Gemeinschaftsgrundschule, unsere Schülerzahlen würden wahrscheinlich steigen und die Sozialstruktur unserer Schulumgebung würde sich wieder in unseren Klassenzimmern widerspiegeln. Kurzum: legen wir unseren Bekenntnisstatus ab, steigt wahrscheinlich wieder die Zahl der katholischen Kinder an unserer Schule.“

Wir meinen, dass es allerhöchste Zeit ist, dass NRW dem Beispiel folgt, dass die damalige christlich-liberale Koalition von Rheinland-Pfalz vor 50 Jahren gegeben hat. Dort wandelte Bernhard Vogel als Kultusminister im Kabinett Kohl die katholischen und evangelischen Schulen in Gemeinschaftsgrundschulen um.

Kein Platz mehr für Evadingsdas auf der Grundschule?

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Zur aktuellen Situation rund um die St. Apollinaris-Grundschule in Düsseldorf (wir berichteten) wurden wir auf einen schönen Zeitungsartikel hingewiesen:
Lieber Gott, warum ist mein Schulweg so lang? (Wochenpost Düsseldorf, 2.10.2017)

Die Lektüre lohnt. Nicht nur, weil der Artikel gut geschrieben ist und die merkwürdige Lage sehr gut zusammenfasst. Lapidar kommentiert der Autor das von der Stadt nicht akzeptierte Abstimmungsergebnis: „Allerdings steht weiterhin die Frage im Raum, warum man das Ergebnis nicht einfach anerkennt.“ Weiterlesen

Abstimmung über Bekenntnisbindung an allen drei KGS in Refrath

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Kosten sparen durch Umwandlung I:

Der Schulausschuss in Refrath hat mit großer Mehrheit beschlossen, die Eltern über die konfessionelle Bindung aller drei dortigen Bekenntnisschulen abstimmen zu lassen. Wenn sie sich in der Abstimmung für eine Umwandlung entscheiden, spart die Stadt viel Geld. Weiterlesen

Bürgerantrag zur Umwandlung nicht homogener Bekenntnisgrundschulen abgelehnt

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Bonn, den 23.6.2016

Am 22.6. konnte die Initiative „Kurze Beine – Kurze Wege“ im Bürgerausschuss der Stadt Bonn das Anliegen der Petition vortragen. Ziel war es, eine Mehrheit des Ausschusses davon zu überzeugen, dass die Stadt an Bekenntnisgrundschulen, in denen weniger als die Hälfte der Kinder dem Schulbekenntnis angehört, ein Verfahren zur Schulartumwandlung in eine Gemeinschaftsgrundschule einleiten soll. Leider hatten wir mit diesem Anliegen keinen Erfolg. Die Koalition aus CDU und Grünen sowie die Einzelpersonen von FDP und Allianz für Bonn stimmten gegen den Antrag, während SPD, Piraten und Linke ihn unterstützten.

Es war schon nach den ersten Wortmeldungen klar, dass es so kommen würde. Von der CDU kam als erste Äußerung, dass sie geschlossen gegen den Antrag stimmen werde, weil sie natürlich nicht die Bekenntnisschulen angreifen würden. Vielmehr gelte es, ausreichend Grundschulplätze zu schaffen – was ganz unabhängig von unserem Anliegen unstrittig sein dürfte. Aus den Reihen der Grünen war zu hören, dass sie zwar für eine Abschaffung der Bekenntnisschulen seien, aber gleichzeitig wollten sie nicht den Elternwillen in Frage stellen. Wenn die Eltern eine Schule umwandeln wollten, hätten sie es ja selber in der Hand, das Verfahren einzuleiten. Dieses Verfahren wolle man den Eltern nicht aufzwängen. Die Vertreterin der Allianz für Bonn bekannte, dass sie den Antrag nicht verstanden hatte.

Unser Eindruck war, dass vielen Ausschussmitgliedern nicht klar war, welche Bedeutung das Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat und welche Folgen es haben wird, dass nämlich das Recht auf einen kurzen Schulweg in Städten wie Bonn wieder zuallererst von der Religionszugehörigkeit abhängt.

Immerhin erhielten wir nach der Sitzung von verschiedenen Seiten Signale, dass im Rahmen des Schulentwicklungsplanes, der derzeit erarbeitet wird, durchaus noch einmal geprüft werden soll, ob die Kommune von ihrem Recht Gebrauch macht, an einzelnen Schulen Umwandlungsverfahren einzuleiten.

Es bleibt dabei, dass wir dicke Bretter bohren müssen, damit Kinder auch in NRW unabhängig von Konfession und Religion gemeinsam öffentliche Grundschulen besuchen können, und damit an allen öffentlichen Schulen die Qualifikation der Lehrer höher gewichtet wird als ihre Religionszugehörigkeit.

Dokumente

Petition an den Rat der Stadt Bonn zur Umwandlung von Bekenntnisgrundschulen

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Update 7.6.2016: Am 22. 6. wird über den Buergerantrag der Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ im Bürgerausschuss des Bonner Stadtrates im Stadthaus beraten. Die Sitzung ist öffentlich. Siehe hierzu auch Bürgerantrag zur Umwandlung nicht homogener Bekenntnisgrundschulen abgelehnt.

Bonn, 21.5.2016

Seit gestern sammeln wir Unterschriften für eine Petition, mit der wir den Bonner Stadtrat auffordern, an Bonner öffentlichen Bekenntnisgrundschulen Umwandlungsverfahren in Gemeinschaftsgrundschulen einzuleiten, nachdem ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts deuSchultafel-fotolia-kbkw2tlich gemacht hat, dass die Rechtslage nichts mehr mit der Realität in unserem Bundesland zu tun hat. Wir versuchen, 500 Unterschriften aus Bonn zu sammeln, selbstverständlich freuen wir uns auch über Unterstützung aus anderen Teilen Nordrhein-Westfalens. Weiterlesen

Im Zweifelsfall rechtens: kürzere Schulwege für katholische Kinder

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Kurze Beine – kurze Wege, 29. März 2016

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat entschieden: Katholische Kinder müssen an katholischen Schulen vorrangig aufgenommen werden. Das klingt einleuchtend. Und doch: Die Euskirchener Schulleiterin, die die Aufnahme eines katholischen Kindes an einer städtischen katholischen Grundschule für das laufende Schuljahr abgewiesen hatte, hatte sich nach den Vorgaben des Schulministeriums gerichtet. Danach galt seit November 2013 die Anweisung, das Kriterium „Kurzer Schulweg“ höher zu gewichten als die Konfession.

Durch die Entscheidung des Gerichts ist das Prinzip „Kurze Wege für kurze Beine“ erheblich geschwächt worden. In manchen Städten und Regionen Nordrhein-Westfalens haben katholische Grundschulkinder damit erheblich bessere Chancen auf einen kurzen Schulweg als all jene Kinder, die nicht katholisch getauft sind. Die Initiative „Kurze Beine – kurze Wege“ hatte sich 2009 aus Unzufriedenheit mit genau dieser Situation gegründet: Damals war ein konfessionsloses Kind von einer katholischen Grundschule in Bonn abgewiesen worden, obwohl es direkt neben der Schule wohnte. Weit entfernt wohnende katholische Kinder wurden dagegen aufgenommen.
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Abstimmung über Bekenntnisbindung an vier katholischen Grundschulen in Paderborn

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Kurze Beine, kurze Wege, 22.2.2016
(aktualisiert am 30.4.2016)

Update zum Artikel: Lediglich an einer der vier Schulen stimmte eine ausreichende Zahl an Eltern für die Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule.
Nähere Informationen dazu finden sich hier.

In Paderborn startet am heutigen Montag an vier Katholischen Grundschulen die Abstimmung darüber, ob die Schulen in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden. Bislang sind 12 der 21 städtischen Grundschulen katholische Bekenntnisschulen, eine ist evangelisch.

Dechant Benedikt Fischer appelliert an die abstimmenden Eltern, gegen eine Umwandlung zu votieren: Weiterlesen

Kurze Wege für kurze Beine unabhängig von Taufe und Religion

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Bonn, 18.9.2015 (update 1.10.2015)

In den vergangenen Jahren war in Nordrhein-Westfalen oft nicht klar, wer an welcher Grundschule ein Recht auf Aufnahme hat. Nicht selten wurden an öffentlichen Bekenntnisgrundschulen Kinder aufgrund ihres „falschen“ oder fehlenden Bekenntnissen nicht aufgenommen. In diesem Schuljahr ist es endlich wieder eindeutig: Jedes Kind hat grundsätzlich einen vorrangigen Anspruch auf die Aufnahme in die wohnortnächste Schule.  Für den Fall, dass es an einer Schule mehr Anmeldungen als Plätze gibt, wird zunächst das Kriterium „Schulweg“ (kürzester Fußweg, nicht Luftlinie) angewendet. Nur bei Gleichrang werden weitere Kriterien geprüft, zu denen nicht die Religionsangehörigkeit gehört (nähere Erläuterungen hierzu finden sich in einer Präsentation des Düsseldorfer Schulamtes).

Als Beispiel zitieren wir diese Erläuterung zur Schulanmeldung in Iserlohn:

Grundsätzlich können die Eltern im Rahmen der Aufnahmekapazität ihre Kinder für eine Grundschule ihrer Wahl anmelden, auch an einer katholischen Bekenntnisschule. Jedes Kind hat grundsätzlich einen vorrangigen Anspruch auf die Aufnahme in die wohnortnächste Schule. Im Zusammenhang mit der freien Schulwahl bieten alle Iserlohner Grundschulen den Eltern an, sich vorab in der jeweiligen Schule über deren pädagogische Arbeit zu informieren, entweder an festgelegten Informationstagen oder in Einzelterminen.
(aus: Anmeldung der Schulanfänger 2016, 7.9.2015)

Noch klarer heißt es in Warstein:

Die Katholischen Bekenntnisgrundschulen in der Stadt Warstein sind offen für alle Kinder. Sie werden unabhängig von der Religionszugehörigkeit aufgenommen.
(aus: 181 Kinder werden 2016 schulpflichtig, WAZ.de, 1.10.2015)

Damit haben wir als Initiative einen großen Erfolg errungen. Das heißt allerdings nicht, dass das Bekenntnis von Kindern an allen öffentlichen Grundschulen keine Rolle mehr spielt. Nach wie vor müssen sich die Eltern an einem Drittel aller öffentlichen Grundschulen – zumeist katholisch – ausdrücklich mit Unterrichtung und Erziehung im Bekenntnis einverstanden erklären. Mit der Gesetzänderung vom Frühjahr 2015 wurde die Konsequenz dieser Erklärung allerdings deutlich aufgeweicht: Galt die Anmeldung an einer Bekenntnisgrundschule bislang automatisch als Einverständniserklärung mit der Teilnahme am verpflichtenden Religionsunterricht im Schulbekenntnis, so können die Schulen nunmehr auch Religionsunterricht im jeweils anderen Bekenntnis bzw. islamischen Religionsunterricht anbieten, wenn mehr als 12 Kinder an der Schule dem jeweiligen Bekenntnis angehören. Nicht klar ist nach wie vor, wie öffentliche Bekenntnisschulen zukünftig mit Kindern umgehen, die durch ihre Eltern nach der Anmeldung vom Religionsunterricht abgemeldet werden.